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Offenlegung von Interessenkonflikten – unerwünschte Wirkungen möglich?

Ein Beitrag im Forum Gesundheitspolitik („Argumente und Fakten für eine soziale Gesundheitspolitik“; http://forum-gesundheitspolitik.de/artikel/artikel.pl?artikel=2085) ruft geradezu nach einer ergänzenden Stellungnahme. Diese scheint schon aus Gründen der Nachvollziehbarkeit eines notwendigen und deutlich besseren Schutzes von Betroffenen dringend erforderlich. Der Text wurde auf Facebook mit folgender Stellungnahme verlinkt:

Die Beurteilung zur Offenlegung von Interessenkonflikten ist einerseits längst überfällig und zwingend notwendig. Andererseits greifen die Feststellungen – wenn auch in bester Absicht – deutlich zu kurz.

So lautet die Feststellung zu Beginn des Artikels:
Interessenkonflikte finanzieller und nicht-finanzieller Art sind in der Medizin weit verbreitet. Als problematisch gelten sie, weil die Wahrnehmung und Bewertung von Sachverhalten beeinflussen und verzerren können. Beispiele zeigen, dass Wissenschaftler je nach Vorhandensein von Interessenkonflikte identische Daten gegensätzlich beurteilen„,

und in der weiteren Diskussion wird – wenn auch nicht immer nachvollziehbar – auf mögliche Folgen einer Offenlegung eingegangen.

Übersehen wird dabei aber völlig eine weitere nicht unerhebliche, um nicht zu sagen vielfach dramatische Folge: die Fehlinformation von allen (!) Beteiligten, seien es Patienten, Kosten- und Leistungsträger und damit die Gesellschaft an sich, aber auch die Wissenschaft!

Interessenkonflikte haben die Eigenheit, dass die dadurch vertretenen Ansichten vielfach von Meinungsträgern verbreitet und verfestigt werden. Also agressiv zunehmend auch in Lehre, Schulung und Weiterbildung, aber auch bei juristisch relevanten Auseinandersetzungen (Stichwort: Gutachterunwesen, Gefälligkeitsgutachten).
Tatsächlich falsches „Wissen“ wird zumindest lange Zeit ungeprüft in Wissenschaft und Lehre an künftige Generationen weitergegeben – und damit schädigendes Verhalten gegenüber Patienten und Versichertengemeinschaft.

Da scheint auch der kleine Lichtblick am Ende des Artikels wenig Hoffnung zu verbreiten:
Die stärkste Wirkung erziele die Pflicht zur Offenlegung von Interessenkonflikten vermutlich auf die Ärzte selbst. Analoge Beispiele aus anderen Bereichen zeigen, dass Personen das Eingehen von Interessenkonflikten vermeiden, wenn diese schwer vor Anderen zu rechtfertigen sind. Dies dürfte für die Annahme von Geschenken und die Finanzierung von ärztlicher Fortbildung durch die pharmazeutische Industrie durchaus zutreffen.

Es bleibt also für all jene, die sich den Schutz der Patienten zum Ziel gesetzt haben viel Arbeit, viel Geduld und noch mehr an Aufklärung.

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  1. 2. Juni 2012 um 23:46

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