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Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts

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Der Kleine ist wieder der Dumme

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Das Bundesministerium der Justiz hat einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (Drucksache 17/11472) vorgelegt. Die Gesetzesänderung und der Text zur Änderung der Zivilprozessordnung kann unter

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/BGBl_PKH_Beratungshilfe.pdf

abgerufen werden.

Schon der erste Änderungspunkt des Gesetzentwurfs lässt ahnen, wer – was – warum dahinter steht!

Zitat:


2. § 114 wird wie folgt geändert:
a) Der Wortlaut wird Absatz 1.
b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
„(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine
Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller
Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde,
obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Alleine diese hier rot gekennzeichnete Formulierung führt das ganze PKH-Recht ad absurbum. Wenn man sich dann noch die Erkenntnis vergegenwärtigt, die auch Prof. Schwintowski in seinem Aufsatz „Der Anspruch auf angemessene Schadensregulierung“ zugrunde legt (VuR – Verbraucher und Recht, 6/2005), kann von einem PKH-Recht nicht mehr die Rede sein.

Die Erkenntnis unter Heranziehung des Bernoulli-Prinzips ist, dass eine gerichtliche Verfolgung schon dann nicht mehr durchgeführt wird (Chance/Risiko-Verhältnis), wenn bei überwiegender (90 %) Wahrscheinlichkeit ein Prozess bei einer durchzusetzenden Forderung von 50.000 € gewonnen wird, das einsetzbare Vermögen 27.100 € beträgt, die Kosten aber eben diese 27.100 € bei möglichem Unterliegen betragen.
Die Zahlen sind jedenfalls sehr überraschend und schienen in keinem realistischen Verhältnis zu stehen.

Die Stellungnahme Deutscher Anwaltverein und Bundesrechtsanwaltskammer, z.Ktn. unter

http://www.brak.de/zur-rechtspolitik…av-2012-85.pdf,

in der die verschiedenen Aspekte aus deren Sicht beleuchtet werden. Auch hier sieht man in dem genannten Punkt der Mutwilligkeit einige Problematiken (siehe unter Punkt 1.2).

Man muss sich nur bewusst sein, dass häufig gerade in PHK-Fällen einerseits auch weniger hohe Beträge für die Betroffenen eine Rolle spielen, andererseits auch besonders hier ganz andere Maßstäbe angelegt werden, als von den im allgemeinen gut situierten Kreisen, die diese Vorlage zu verantworten haben. Nicht selten ist mit einer Durchsetzung von Ansprüchen der Erhalt oder Wiedergewinn nahezu sämtlicher Lebensgrundlagen verbunden, was der Zugrundelegung des Bernoulli-Prinzips ad absurbum führt.

Was bedeutet nun diese gesetzliche Fiktion?
Sie sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass es letztendlich auf den Finanzstatus des Rechtsuchenden ankommt und nicht auf eine rechtliche Befriedigung und schon gar nicht auf das Recht als solches selbst. Es bedeutet in der Übersetzung, dass jene Rechtsuchenden, die finanziell und materiell unterlegen sind und unter der Prämisse des Bernoulli-Prinzips dem finanziell überlegenen Gegner eben nicht gewachsen sind, aus eben diesem Grund auch kein Recht zu erwarten haben.
Zum Verständnis seinen nur die tausendfachen Fälle von Streitigkeiten von Geschädigten mit kleinem oder mittlerem Einkommen gegen finanziell übermächtigen Versicherungen genannt. Die Wirkung eines negativen Urteils gegen eine Versicherung ist das stärkste Argument, das das Bernoulli-Prinzip im Einzelfall aushebelt, weil es für Versicherer nicht nur um den Einzelfall sondern um die grundsätzliche Entscheidung als zu vermeidenden Präzedenzfall geht.

Wieder ist der Kleine auch der Dumme. Auch wenn es um sein Recht geht.

  1. Sekundant
    5. Februar 2013 um 13:18

    Meine Feststellung als Fazit dazu: Schuld ist ein moralischer Aspekt, Recht ein finanzieller.

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